In der Folge halten wir uns selbst in einem unsichtbaren Gefängnis aus Vermeidungszielen gefangen – dem nächsten Korsett, das uns die German Angst umlegt. Gerade in einer Gesellschaft wie der deutschen, die oft als risikoavers gilt, stellt sich die Frage, ob unsere Vermeidungsziele uns tatsächlich schützen oder uns lediglich davon abhalten, unser volles Potenzial zu entfalten.
Es beginnt schon in der Kindheit
Wenn wir zurückblicken, erkennen wir, wie stark diese Mentalität in unser Denken eingedrungen ist. Es beginnt schon in der Erziehung unserer Kinder, wo wir unbewusst in Vermeidung denken und handeln. "Spring nicht da runter, du könntest dir wehtun." "Fass das nicht an, du könntest dich schneiden." Diese Sätze sind allzu vertraut und zeigen, wie sehr wir versuchen, unsere Liebsten vor möglichen Gefahren zu schützen. Doch was passiert, wenn wir ständig in diesem Modus der Vermeidung verharren? Die Auswirkungen sind tiefgreifend und reichen weit über den Moment hinaus. Unsere Kinder lernen, Angst zu haben, Risiken zu meiden und keine eigenen Erfahrungen zu machen. So manifestiert sich eine Spirale der Unsicherheit, die uns daran hindert, unser volles Potenzial auszuschöpfen.
Die Wege des Lernens
Um zu verstehen, wie wir in diese Falle der Vermeidungsziele geraten sind, lohnt sich ein Blick auf die Lernpsychologie. Hier begegnen uns drei bedeutende Theorien: die klassische Konditionierung, das operante Konditionieren und das Lernen am Modell. Erstere zeigt uns, wie wir emotionale Reaktionen auf neutrale Reize übertragen. Das operante Konditionieren verdeutlicht, wie Verhalten durch seine Konsequenzen geformt wird. Das Lernen am Modell hebt hervor, wie wir Verhaltensweisen durch die Beobachtung anderer erwerben. Diese Theorien offenbaren, wie tiefgreifend unsere Erfahrungen und Umgebung unsere Denkweise und Verhaltensweisen prägen. Sie zeigen uns auch, wie wichtig es ist, positive Modelle und Erfahrungen zu haben, um mutiges Handeln zu erlernen.
Von der German Angst zur Mutkultur
Vermeidungsziele und German Angst gehen Hand in Hand und begleiten uns täglich, sei es im beruflichen oder privaten Umfeld. Eine Befragung im Harvard Business Manager vom Mai 2022 zeigt auf, dass viele junge Menschen sich in ihrer Entwicklung beeinträchtigt fühlen. Gesellschaftliche Gründe, mangelnde Lernerfahrungen und ein Mangel an mutigen Vorbildern hindern sie daran, Risiken einzugehen und neue Wege zu beschreiten. Doch es gibt Hoffnung. Durch positive Erfahrungen und Rückmeldungen können schon junge Menschen lernen, Risiken zu kalkulieren und aus Fehlern zu lernen.
Eine Kultur, die mutiges Handeln belohnt und Fehler als Teil des Lernprozesses betrachtet, kann einen bedeutenden Unterschied machen. Sie ermöglicht es, Risiken nicht nur negativ zu sehen, sondern als Quelle für Wissenszuwachs und zukünftige Entscheidungen zu begreifen. Um damit zu beginnen, eignet sich insbesondere der geschützte Rahmen der familiären und schulischen Lebenswelt.
Und wie sieht das fürs Berufsleben aus?
Welche Art von Zielen setzen wir uns und unseren Mitarbeitenden? Es fällt schnell auf: Kaum eines unserer Ziele ist ein Erreichungsziel – dabei kosten Vermeidungsziele so viel mehr Energie. Schon Sadhguru sagte einst: „Wer versucht, Unsicherheit zu vermeiden, vermeidet letztendlich nur Möglichkeiten.“ Doch es ist nie zu spät, den Blick zu ändern und mutiger zu werden. Nehmen Sie Ihr nächstes Ziel und formulieren statt eines Vermeidungs- ein Erreichungsziel daraus. Sie werden überrascht sein, wie viel mehr Energie bei der Verfolgung des Ziels frei wird und wie leicht es Ihnen fallen wird.
Geben Sie Ihren Mitarbeitenden und auch Ihren Kindern die Chance, in Erreichung zu denken, statt in Vermeidung. Es ist an der Zeit, neue Wege zu beschreiten und unser volles Potenzial zu entfalten.
In seinem Buch "Mit neuem Mut gegen German Angst - Ein Plädoyer für engagiertes Leadership" zeigt Autor Jochen Blöcher auf, wie wir an der Wurzel ansetzen können, um diese Transformation zu erreichen. Von der Erziehung und Bildung über den offenen Dialog bis hin zur Förderung von Solidarität und gesellschaftlichem Engagement bietet Blöcher einen Fahrplan, der uns dazu ermutigt, aktiv zu werden und Veränderungen herbeizuführen. Es ist an der Zeit, dass Führungskräfte und UnternehmerInnen eine neue Rolle als mutige Vorbilder einnehmen und gemeinsam an einer Zukunft arbeiten, die von Zuversicht und Fortschritt geprägt ist. Wir sollten diese Gelegenheit ergreifen und gemeinsam die German Angst überwinden!
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